Ein Kommentar von Carsten Fiedler:
Die neue Wikileaks-Affäre ist der größte anzunehmende Unfall für
die US-Diplomatie. Nie zuvor sind einer Weltmacht in einem solchen
Umfang geheime Protokolle abhandengekommen. Die Enthüllung von mehr
als 250 000 Dokumenten, die Belege dafür liefern, wie Washington
Verbündete und Feinde einschätzt, wird die angeschlagene Supermacht
weiter schwächen. Das Vertrauen von Amerikas Partnern in aller Welt
wird durch den Daten-Skandal erschüttert. Auch die
deutsch-amerikanischen Beziehungen nehmen Schaden. Das ohnehin
schwierige Verhältnis zwischen Angela Merkel und Barack Obama wird
weiter abkühlen. Auf der Ebene der Spitzendiplomatie wird es zu
empfindlichen Reibungsverlusten kommen. Vor allem Außenminister Guido
Westerwelle wurde bloßgestellt: Inkompetent, eitel, amerikakritisch,
so das Urteil der US-Diplomaten. Es wird lange dauern, diesen
Vertrauensbruch zu überwinden. Die selbst ernannte
Aufklärungsmaschine Wikileaks feiert nach den Enthüllungen zum
Afghanistan- und Irak-Krieg ihren dritten Coup. Wem nützt das Ende
der Geheimdiplomatie aber, wenn dadurch die US-Beziehungen zu
Verbündeten und der weltweite Anti-Terror-Kampf aufs Spiel gesetzt
werden?
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