von Sven Gösmann
Große Überraschungen darf man vom CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe
nicht erwarten. Natürlich werden die Wahlergebnisse für
Parteipräsidium und -vorstand, erst recht für die Vorsitzende Angela
Merkel seziert werden. Kreml-Astrologen, in diesem Fall besser:
Adenauerhaus-Astrologen werden Machtverluste und -gewinne aus den
Stimmen und Stimmungen der Delegierten herauslesen, unverdrossen
werden Medien ihre Applausometer bemühen, um die Lieblinge der
Parteibasis zu küren – übliches Geschäft in der Mediendemokratie. Und
doch bringt Karlsruhe eine Zäsur für die Christdemokratie, die in
jüngerer Zeit allenfalls mit dem Parteitag von Leipzig vergleichbar
ist, auf dem Friedrich Merz und Konsorten, aber auch Angela Merkel
2003 die Partei in Richtung Neoliberalismus gerückt hatten. Diesmal
wird sozusagen endgültig zurück gerückt in die diffuse politische
Mitte. Das macht sich weniger im Leitantrag als in den Personalien
der Partei-Vizes deutlich. Die Abgänge Roland Koch (Bilfinger
Berger), Christian Wulff (Bundespräsidialamt), Jürgen Rüttgers
(Pulheim) werden durch Ursula von der Leyen (Soziales, von der
Leyen), Norbert Röttgen (Umwelt, Röttgen) und Volker Bouffier
(Hessen) ersetzt. Mit von der Leyen verbindet selbst Angela Merkel
öffentlich vor allem die Einführung des Elterngeldes, also eine der
größten aus zusätzlichen Schulden finanzierten
Mittelschichtsubventionen der letzten Jahrzehnte. Das Elterngeld war
übrigens an der Wahlurne bislang ebenso wenig ein Hit, wie es Norbert
Röttgens Energiepolitik werden dürfte, die alles wie die Grünen
nachhaltig machen will, nur etwas langsamer. Es bleibt für
bürgerliche Wähler schwer nachvollziehbar, warum man sich einerseits
von der Kernkraft distanziert, um dann die Laufzeiten von
Kernkraftwerken zu verlängern; und dies dann nur mit schlechtem
Gewissen zu tun, während man offensiv die hoch subventionierte
erneuerbare Energie zum allein seligmachenden Element der
Energiepolitik verklärt. Und Hessens Ministerpräsident Volker
Bouffier, der das Konservative vertreten soll, hat sich erst einmal
mit der Ausweitung der Suche nach einem atomaren Endlager auf
Süddeutschland zu profilieren versucht. Die Alfred-Dregger-Medaille
erhält man für solch eine Premiere nicht. Diese ausgerechnet an jenen
Personen, die heute neu in die CDU-Spitze kommen, fest zu machenden
Widersprüche verheißen keinen spürbaren Aufschwung in der
Wählergunst. Die CDU wird noch merkeliger, also unbestimmter und am
Tagesgeschäft und -applaus, weniger an großen Linien orientiert. Das
hat ihr zwei Niederlagen bei Bundestagswahlen eingebracht, die nur
nicht schmerzhaft waren, weil sie trotzdem die Kanzlerin stellen
konnte. Trotzdem wird die CDU sich heute Mut herbei klatschen – nach
dem Motto: Die Konkurrenz ist auch nicht besser. Was stimmt. Bericht:
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