Ein Kommentar von Sven Gösmann:
Karl-Theodor zu Guttenberg hat sein Amt als Hoffnungsträger der
Union kaum niedergelegt, da scheint der Konflikt zwischen den
Unions-Schwestern CDU und CSU erneut aufzubrechen. CSU-Chef Horst
Seehofer kritisiert in scharfen Worten Bundestagspräsident Lammert
und Forschungsministerin Schavan für ihr Abrücken von zu Guttenberg.
Lammert hatte die Plagiatsaffäre ausgerechnet vor Sozialdemokraten
einen „Sargnagel der Demokratie“ genannt, Schavan sich „nicht nur
heimlich geschämt“ für den Doktor aus Bayreuth. Bei beiden siegte das
Unbehagen des bildungsbürgerlichen CDU-Flügels über die Parteiräson.
Das Ergebnis mag sie bestätigen, dennoch haftet einstweilen der Ruch
von Kronprinzenmördern an ihnen. Und zwar so lange, bis in der
aufgeheizten Guttenberg-Debatte Ursache (abgeschriebene Doktorarbeit)
und Wirkung (Rücktritt) auseinandergehalten werden. Seehofers
Wutausbruch ist deshalb ein kalkulierter. Der CSU-Chef galt lange als
Neider seines früheren Zöglings zu Guttenbergs. Nun sucht er der
CSU-Basis und den Wählern zu beweisen, dass zwischen ihn und den
Baron kein Blatt Papier, erst recht keine 475 Seiten dicke
Doktorarbeit passt. Misslingt dies dem 61 Jahre alten Seehofer, wird
die Sehnsucht in der CSU nach dem 39 Jahre alten „KT“ mit jedem
verlorenen Prozentpunkt in den Umfragen wachsen.
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