Ein kommentar von Sven Gösmann:
Seit 58 Jahren stellt die CDU in Baden-Württemberg den
Ministerpräsidenten. Zwischen 1972 und 1988 holte die Union absolute
Mehrheiten. Baden-Württemberg – das war das Bayern der CDU, ein vom
Zeitgeist uneinnehmbares Bollwerk einer mittelständischen,
selbstbewussten Union. Am Sonntag könnte, wenn die Demoskopen nicht
ständig die Falschen befragt haben, die Regierungszeit der CDU zu
Ende gehen. Es wäre eine ähnliche Zäsur für die CDU mit unabsehbaren
Folgen für die Bundespolitik, wie es der Verlust von
Nordrhein-Westfalen 2005 für die SPD darstellte: ein Restrisiko, das
als rein theoretisch betrachtet wurde, bis es schließlich eintraf.
Die CDU und ihr Regierungschef Stefan Mappus haben sich durch
ungeschicktes Agieren in der Stuttgart-21-Frage selbst auf eine nach
unten führende Rampe begeben. Als sie gerade wieder Tritt fassten,
brachte sie das hektische Berliner Krisenmanagement nach der
japanischen Reaktorkatastrophe in jenes Rutschen, das unaufhaltsam
scheint. Mappus– parteiinterne Rivalen belustigen sich schon über den
„Mappschied“. Wer aber solche Freunde hat wie der nicht unrechte,
bisweilen ungelenke Mappus in den vergangenen Tagen, der braucht
keine Feinde mehr. Auch deshalb könnten in Stuttgart Grüne
triumphieren, die vor allem dagegen sind, und Sozialdemokraten, die
nicht mehr wissen, wer sie sind.
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