Rheinische Post: Ein Jahrzehnt der Furcht Kommentar Von Matthias Beermann

Zehn Jahre sind eine lange Zeit, und doch wird
es an diesem Sonntag beim Gedenken an die Anschläge vom 11. September
2001 schwerfallen, das Geschehene einfach abzuhaken. Denn die Folgen
des schrecklichen Verbrechens sind bis heute zu spüren. Als die
Zwillingstürme des World Trade Centers in New York in sich
zusammenfielen, live im Fernsehen, da ging ein Riss durch die Welt.
Amerika war ins Herz getroffen, die letzte Supermacht der Erde
gedemütigt von ein paar Kerlen, bewaffnet mit Teppichmessern. Der
2007 verstorbene Komponist Karlheinz Stockhausen bezeichnete die
kollabierenden Türme als „das größte Kunstwerk, das es je gegeben
hat“. Es war nicht als Geschmacklosigkeit gemeint, es war der
hilflose Versuch, die emotionale Kraft dieser Bilder einzufangen, die
seither für die Verletzlichkeit der westlichen Zivilisation stehen.
Eine Dekade der Furcht liegt hinter uns. Dabei machte der Horror des
Gemetzels nur einen kleinen Teil seiner Wirkung aus. Ein Jahrzehnt
lang waren wir wie manisch auf die Bedrohung durch al Qaida fixiert.
Der „Krieg gegen den Terror“ hat unsere freiheitlichen Gesellschaften
und unsere demokratischen Prinzipien aufs Äußerste strapaziert. Aber
es gibt an diesem Jahrestag auch Hoffnung: Der arabische Frühling hat
gezeigt, dass wir nicht mehr in der düsteren Welt des 11. September
2001 gefangen sind.

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