Rheinische Post: Eine Frage der Schuld Kommentar Von Lothar Schröder

Schuld sind immer die anderen. Das ist so ein
Kinderspruch. Dass er dennoch den Kern von Papst Benedikts Manifest
zum Missbrauchsskandal trifft, muss deprimieren. Die Gesellschaft ist
also schuld. Allen voran die 68er Revolutionäre mit ihrer Tolerierung
der Pädophile und in deren Gefolge eine staatliche Sexualerziehung,
die moralische Vorstellungen in einen Zustand der Auflösung
bugsierte. Die Kirche wird damit tatsächlich zum Opfer der
gesellschaftlichen Verhältnisse! Unglaublich ist das: beschämend für
die Opfer und eine Kirche weiter beschädigend, die seit Jahren um
Aufklärung und Reformierung wenigstens bemüht ist. Der Missbrauch, so
sagen es manche Theologen, stelle die Kirche in ihrer jetzigen Form
radikal in Frage. Benedikt hingegen: Der Missbrauch stelle das
Kirchenvolk und die gesamte Gesellschaft in Frage. Worte des
91-Jährigen aus dem abgeschiedenen Vatikan-Kloster Mater Ecclesiae.
Sicher, es sind Worte des emeritierten Papstes. Aber sie finden
Widerhall in erzkonservativen Kreisen. Benedikts Worte sind nicht nur
in dieser Zeit des tiefen Umbruchs unverantwortlich.

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