Rheinische Post: Euro-Reise ins Unbekannte

Ein Kommentar von Birgit Marschall:

Es gibt sie also noch, die Kanzlermehrheit. Angela Merkel hat sie
gestern aber nur knapp erreicht. Die Kanzlerin hat im Vorfeld
versucht, die Bedeutung dieser Mehrheit herunterzuspielen, wider
besseres Wissen. Die Frage, ob sie die Kanzlermehrheit erreicht, war
mehr als nur ein Medien-Thema. Das gestrige Ergebnis ist ein
Gradmesser der Stabilität dieser Koalition. Dass es um diese nicht
zum Besten bestellt ist, ist nun amtlich. Das überwältigende Ja der
Abgeordneten zum erweiterten Rettungsschirm war wichtig und richtig.
Ein deutsches Nein hätte eine Kernschmelze des europäischen
Finanzsystems auslösen können. Nun muss die Politik den Spieß endlich
umdrehen: Sie darf nicht immer wieder Getriebene der Marktreaktionen
sein, nicht immer wieder zu teuren Rettungsmanövern greifen müssen,
für die es in letzter Minute keine Alternative gibt. Die Steuerzahler
müssen wissen, wohin die Reise gehen soll, für die sie mit
unvorstellbar hohen Summen haften. Es darf auch nicht sein, dass
Abgeordnete vor der bisher wichtigsten Entscheidung der
Legislaturperiode nicht wissen, wofür genau sie grünes Licht geben.
Die Bundesregierung hätte ihnen gestern klar und eindeutig sagen
müssen, dass ein Kredithebel geplant ist, der die Haftungssumme des
Rettungsschirms auf Billionenhöhe steigern könnte.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Weitere Informationen unter:
http://