Ein Kommentar von Reinhold Michels:
Man muss dem von den Karlsruher Dränglern zur Eile gezwungenen
Bundesgesetzgeber davon abraten, jetzt einen vollständigen
Zweitstimmenausgleich zum Wahlphänomen der Überhangmandate zu
beschließen. Wozu so etwas führt, lässt sich am Beispiel des
expandierenden NRW-Landtages ablesen. Er ist, um es provozierend zu
formulieren, ähnlich unangemessen aufgebläht wie der rot-grüne
Schuldenballon. Man muss zudem die bei CDU, CSU und FDP beheimateten
Väter und Mütter der verfassungswidrigen Wahlrechtsreform 2011 davor
warnen, sich trotz deftiger Schelte aus Karlsruhe in Genugtuung zu
gefallen. Es stimmt ja, dass das Gericht die Überhangmandate, von
denen mal die Union, mal die Sozialdemokraten profitiert haben, nicht
gänzlich verwirft. Aber ebenso wahr ist doch, dass der vor wenigen
Monaten unternommene Wahlrechts-Alleingang der Koalition
Merkel/Rösler in einer Sickergrube endete. Daraus entsteigt
Schwarz-Gelb wieder einmal so, dass niemand von „Bella figura“
sprechen wird. Der Union-Rechtsexperte Günter Krings mag Recht haben,
wenn er mit unterdrücktem Zorn Karlsruhe vorhält, dessen
Wahlrechts-Urteile hätten Lösungen stets erschwert. Aber wie sagte
der Gerichtspräsident vor kurzem: „Unsere Aufgabe ist es nicht, der
Politik das Leben leicht zu machen.“
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