Hätten die Staatsanwälte den Behauptungen und
Beschuldigungen gegen Christian Wulff in aller Stille nachgehen
können, ohne spektakulär die Aufhebung seiner Immunität beantragen zu
müssen, wären sie wohl nie unter einen derart gewaltigen
Rechtfertigungszwang geraten und hätten vielleicht nie eine Anklage
erhoben. In diesem Szenario steckt viel „hätte“, „wenn“ und „aber“.
Denn die Dinge sind im Fall Wulff kompliziert. Doch klar ist, dass
das Immunitätsrecht die Politiker im 19. Jahrhundert schützen sollte
und ihnen heute oft schadet. Es gehört deshalb auf den Prüfstand.
Dabei geht es oft um alltägliche Dinge. Wenn Bürger A. beim Ausparken
einen anderen Wagen touchiert, ohne es zu merken, kommt es zu
Ermittlungen, die je nach Fall geräuschlos enden. Wenn derselbe
Bürger Abgeordneter ist, läuft er Gefahr, durch die förmliche
Aufhebung seiner Immunität am Pranger zu landen, obwohl das alles
weder mit seinem politischen Wirken, noch mit der Qualität seines
„Vergehens“ zu tun hat. Das kann nicht Zweck der Immunität sein.
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