Rheinische Post: Japans Schwächen

Es war ein Kennzeichen der Liberaldemokraten,
der ewigen japanischen Regierungspartei, dass sie regelmäßig nach
kurzer Zeit ihren Regierungschef austauschte. So kam der Inselstaat
auf fast ebenso viele Wechsel im wichtigsten Amt des Staates wie das
notorisch instabile Italien. In Wirklichkeit herrschte aber in Japan
eine Riege mächtiger Regierungsbürokraten und Partei-Hintermänner,
deren Einfluss immer intransparent blieb. Mit dem Wechsel zur bislang
oppositionellen Demokratischen Partei schien zunächst ein anderer
Stil Einzug zu halten. Der neue Premier Yukio Hatoyama versprach mehr
Offenheit, wollte die Herrschaft von den Beamten auf das Volk
übertragen, indem er den Primat der Politik betonte. Er fiel über
eine Reihe von Korruptionsvorwürfen gegen seine Partei wie über die
Verärgerung der Wähler über nicht eingehaltene Versprechungen. Jetzt
musste auch sein Nachfolger Naoto Kan aufgeben. Der zeigte bei der
Atomkatastrophe von Fukushima ein hilfloses und inkompetentes
Krisenmanagement. Der neue Premier Yoshihiko Noda gilt ebenfalls
nicht als Macher, der die Zeiten blasser Regierungschefs ändern
könnte. Das japanische politische System bleibt schwach – wie seine
Wirtschaft.

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