Rheinische Post: Kinderschutz versagt

Ein Kommentar von Jörg Isringhaus

Dass Kinder in Heimen großgezogen werden müssen, ist schlimm
genug, aber oft die einzige Möglichkeit – und nicht immer die
schlechteste. Dass es in unserem Land aber möglich ist, bei
vollbelegten Heimen Kinder ins Ausland zu transferieren, wo sie von
unqualifizierten Mitarbeitern „betreut“ werden, ist ein Skandal. Und
dass selbst der Kinderschutzbund dies nicht als verwerflich
empfindet, sondern nur von Kontrolllücken spricht, macht die
Situation noch unerträglicher. Bei schwer erziehbaren, kaum
integrierbaren Jugendlichen mag ein Auslandsaufenthalt als
pädagogische Maßnahme noch angehen – sofern er qualitativ hochwertig
begleitet wird. Wenn allerdings Elfjährige, die eigentlich aufs
Gymnasium gehen sollen, in Ungarn nur noch vier Stunden Unterricht
bekommen und unter erbärmlichem Umständen leben, erschließt sich der
erzieherische Mehrwert nicht. Unabhängig von den hier möglichen
kriminellen Machenschaften offenbart dieser Fall doch, wie
leichtfertig, schwerfällig und wenig sensibel einige Jugendämter
arbeiten. Kinderschutz sieht anders aus.

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