Evangelische Kirchentage leben nicht zuletzt
aus ihren Gefühlen. Das gilt auch für den gestern beendeten in
Dresden. Das emotionale Bedürfnis bedienten beispielsweise all die
Redner, die die Globalisierung als Armutsmaschine verdammten – was
zwar nicht stimmt, was man sich aber stets gern zurufen lässt -,
insbesondere aber Margot Käßmann mit ihren umjubelten
Friedens-Wutreden, die irgendwo im Spannungsdreieck von
radikal-religiöser Unbedingtheit, Trotz und Populismus waberten.
Dafür, dass Dresden sich trotz alledem nicht auf politische Parolen
reduzieren ließ, sorgten vor allem zwei Männer: Verteidigungsminister
Thomas de Maizière und Präses Nikolaus Schneider. Beide ringen darum,
wie sich christliche Friedensethik und politische Verantwortung
vereinbaren lassen. Beide taten das in Dresden gemeinsam in einer
denkwürdigen Diskussion. Jenseits Käßmanns mag mancher die
konsequente Konfrontation zwischen Politik und Kirche vermisst haben,
die frühere Kirchentage prägte. Streit tut not – das ist richtig.
Richtig ist aber auch, und es ist Schneiders und de Maizières
Verdienst, das gezeigt zu haben, dass die Plage dieser unerlösten
Welt nicht nur Krieg und Ungerechtigkeit sind, sondern auch
angebliche Patentrezepte zu ihrer Überwindung.
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