Rheinische Post: Kommentar: Bayers riskantes Roulette

Es geht immer noch schlimmer: Nachdem Bayer
2018 die erste Einzelklage gegen Glyphosat verloren hatte, unterlag
der Konzern nun im ersten Fall einer Massenklage. Das ist umso
schmerzhafter, als Bayer erstmals selbst Regie führte und Ed Hardeman
als „Bellwether Fall“ gilt – als repräsentativ für 760 weitere
Klagen. Bayers Reaktionen hören sich zunehmend hilflos an: Man sei
enttäuscht, es gebe mehr als 800 Studien, die die Sicherheit von
Glyphosat bestätigen. Wenn es Bayer nicht gelingt, die Gerichte davon
zu überzeugen, nützt das nichts. Gewiss: In den Berufungsinstanzen
urteilen Richter, keine Geschworenen. Richter lassen sich womöglich
von Emotionen und der Konstellation „kranker David gegen deutschen
Goliath“ weniger beeindrucken. Doch schon die Dauer und schiere Masse
der Verfahren wird zur schweren Belastung. Bayer hatte beim Kauf von
Monsanto alles (Kriegskasse, Strategie) auf eine Farbe gesetzt.
Zahlen und industrielle Logik mögen gestimmt haben, doch die
gesellschaftliche Dimension hat Bayer unterschätzt. Die Aktie ist im
freien Fall, Bayer droht leichte Beute für zerschlagungslustige
Hedgefonds zu werden. Falls das Roulette verloren geht, könnte der
Unkraut-Vernichter zum Vernichter von Bayer in seiner jetzigen Form
werden.

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