Rheinische Post: Kommentar / Berlin schadet der Wirtschaft mehr als Putin = Von Antje Höning

So schnell kann–s gehen: Zu Jahresanfang hatten
sich die Forscher noch mit Wachstumsprognosen für Deutschland
überboten. Nun geht es wieder abwärts. Das sagt viel über die
Qualität der Vorhersagen, die Zunft kommt über Kaffeesatz-Lesen nicht
hinaus. Zugleich wirkt die Weltpolitik: Die Ukraine-Krise ist in der
Wirtschaft angekommen – in den Büchern der von Sanktionen betroffenen
Unternehmen wie in den Köpfen aller Unternehmer. Unsicherheit ist
Gift für Investitionen. Dass Wirtschaft zur Hälfte Psychologie ist,
wusste schon Ludwig Erhard. An der fehlenden Nachfrage aus vielen
Euro-Ländern spürt die Wirtschaft zudem, dass die Schuldenkrise nicht
vorbei ist. Ein Grund, auf Sanktionen gegen Moskau zu verzichten, ist
die drohende Rezession nicht. Wenigstens diese Hilfe gegen den
russischen Aggressor ist Europa der Ukraine schuldig. Ein Grund, über
eigene Fehler nachzudenken, sind die aktuellen Zahlen gleichwohl.
Dass eine in der Struktur gesunde Wirtschaft in einem Quartal
schrumpft, ist kein generelles Problem. Dass die Bundesregierung per
Mindestlohn und Rente mit 63 die Erfolge der Agenda 2010 aufs Spiel
setzt, dagegen schon. Die nächste Wirtschaftskrise geht auf Merkels
Konto, nicht auf Putins.

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