Rheinische Post: Kommentar: Der europäische Kanzlerkandidat

Wer das Lachen im Gesicht des designierten
SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz bei seinem Auftritt am
Dienstagabend sah, ahnte: Dieser Mann will wirklich Kanzler werden.
Kämpferisch, leidenschaftlich, ja genussvoll legte Schulz erste
Positionen fest. Stolz war zu spüren, Demut weniger. Aber das ist es
wohl, was die notorisch mit sich ringende SPD braucht: Optimismus.
Für die Mobilisierung der Anhänger ist Schulz der bessere Kandidat.
Mal sehen, ob die Partei ihm die Beinfreiheit gibt. Bleibt die Frage,
ob Schulz gut für Deutschland wäre. Der frühere Chef des Europäischen
Parlaments hat signalisiert, dass er einen europäischen
Bundestagswahlkampf führen wird. Die Einigung Europas gegen
Rechtspopulismus und Nationalisten. Aber will das Angela Merkel nicht
auch? Und welche Verantwortung an der grassierenden EU-Skepsis trägt
eigentlich Schulz, der für Brüssel steht wie kaum ein anderer
deutscher Politiker? Warum wird erst jetzt über institutionelle
Reformen, die Beschränkung aufs Wesentliche, diskutiert? Käme mit
einem Kanzler Schulz die Transferunion? Der SPD-Mann hält europäische
Staatsanleihen langfristig für richtig. Über eine strikte
Fiskaldisziplin redet er weniger.

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