Rheinische Post: Kommentar: Der Rücktritt

Seit November vergangenen Jahres versuchen
Politik und Sicherheitsbehörden herauszufinden, warum eine
Neonazi-Terrorzelle über acht Jahre hinweg zehn Morde in sechs
Bundesländern verüben konnte, ohne dass ihnen auch nur ein
Verantwortlicher auf die Spur kam. Die einzige Erkenntnis bislang:
Die Struktur hat versagt. Es war richtig, schnell ein Abwehrzentrum
zu bilden, in dem die Experten vernetzt und die Kenntnisse gebündelt
werden. Auf die Frage nach personellen Konsequenzen hat
Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm nun eine Antwort gegeben.
Solange nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Aktenvernichtung in
seinem Amt wirklich „nur“ ein Fall grenzenloser Schusseligkeit war,
bleibt der schlimme Verdacht, dass Wissen oder Handlungen
verheimlicht werden sollten. Die sieben Akten im Reißwolf können auch
sieben Mosaiksteine sein, zu denen sich weitere gesellen: die Lücken
in der elektronischen Dokumentation zu den Thüringer Neonazis, der
Hinweis ausländischer Kollegen auf eine militante Neonazi-Struktur,
die zufällige Anwesenheit eines Verfassungsschützers an einem der
Tatorte. Wenn diese Mosaiksteine wirklich das Bild ergeben, an dem
Verschwörungstheoretiker malen, dann war Fromms Rücktritt nur der
Anfang.

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