Rheinische Post: Kommentar: Der Soli gehört abgeschafft – für alle

Mit der Teilabschaffung des Soli hat
Finanzminister Olaf Scholz im Gesetzentwurf nichts anderes getan, als
im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Also müsste man sich gar nicht
aufregen? Doch. Der Plan des SPD- Parteivorsitzenden in spe ist dem
politischen Kalkül geschuldet. Die Sozialdemokraten müssen in Zeiten
galoppierender Zustimmungs-Schwindsucht dringend beim Wahlvolk
punkten, die Groko insgesamt kann für die verbleibenden beiden Jahre
des schwarz-roten Bündnisses keinen Sprengstoff gebrauchen. Und das
Ganze ist vor den September-Wahlen in drei ostdeutschen Ländern auch
der Versuch, im Osten ein kleines Signal gegen den Sturz in die
Bedeutungslosigkeit zu senden. Politische Wirkung: null. Gleichzeitig
sollte Scholz den Plan vom Tisch ziehen, weil er verfassungsrechtlich
bedenklich ist. Die Karlsruher Richter haben 2010 entschieden, dass
Ergänzungsabgaben wie der Soli aus verfassungsrechtlichen Gründen
nicht befristet werden müssen. Aber ob er nach dem Auslaufen des
Solidarpakts II überhaupt noch erhoben werden darf, ist höchst
umstritten. Schwarz-Rot riskiert ein jahrelanges juristisches
Tauziehen um den Soli, das im Falle einer Niederlage politisch
weiteres Renommee kosten würde und neue finanzielle Lasten in Form
von Rückzahlungsverpflichtungen auslösen könnte. Also: Schafft den
Soli für alle ab! Das ist nicht nur eine Frage von Politik und
Verfassungskonformität, sondern auch eine der Ökonomie. Wer
steuerliche Entlastungen will, sollte Mittelständler und
Gewerbetreibende nicht außen vor lassen, erst recht nicht in Zeiten,
in denen eine Rezession droht. Wenn Soli, dann einer, den alle
zahlen, und das für alle Regionen mit Strukturproblemen. Das ist
allemal besser und ehrlicher als eine Zusatzsteuer für
Besserverdiener durch die Hintertür.

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