Jetzt geht der Präsident der Europäischen
Zentralbank (EZB) zu weit. Vor zwei Jahren hatte Mario Draghi die
Währungsunion mit der Ankündigung, notfalls Anleihen von
Krisenstaaten zu kaufen, vor dem Zerfall bewahrt. Gestern brach er
ein weiteres Tabu: Die EZB senkte den Zins, zu dem Geschäftsbanken
kurzfristig Geld bei ihr parken können, auf minus 0,1 Prozent. Einen
solchen Negativzins hat es in der Geschichte von Bundesbank und EZB
noch nie gegeben. Draghis Ziel ist ehrenwert: Mit dem Strafzins will
er die Banken in Südeuropa zwingen, ihr Geld an Verbraucher und
Unternehmen zu verleihen. So will er die Deflationsgefahr bannen.
Doch das wird nicht funktionieren. Südeuropa hilft der Negativzins
nicht, die Krisenstaaten brauchen stattdessen weitere Reformen, um
das Wachstum anzukurbeln. Nordeuropa und insbesondere Deutschland
schadet der Negativzins dagegen. Sollten die hiesigen Banken ihn
weitergegeben, also von den Sparern Gebühren nehmen, würden letztere
weiter bestraft. Erst gefährden Minizinsen die Altersvorsorge, nun
werden Sparer durch Negativzinsen enteignet. Eine Geldpolitik, die
Kapitalbildung bestraft, legt die Axt an die Wurzeln des
kapitalistischen Wirtschaftssystems.
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