Rheinische Post: Kommentar: Die moralische Instanz Lammert ist erschüttert

Es ist bedrückend, dass wir wieder über die
Qualität der wissenschaftlichen Arbeit eines Spitzenpolitikers reden
müssen. Unappetitlich ist, was diese Diskussion nötig macht. Ein
anonymer Blogger, wohl mit jener wissenschaftlich gebildeten Person
identisch, die Bundesbildungsministerin Annette Schavan zu Fall
brachte, setzte die Vorwürfe gegen Lammert in die Welt. Dort stehen
sie nun, und der angegriffene, möglicherweise auch verleumdete
Norbert Lammert kann sich bedingt wehren: Er bittet die Bochumer
Universität, die ihn promovierte, um Prüfung; er stellt seine
Doktorarbeit ins Internet. Die Zweifel, das Vorgehen, die ersten
Aussagen ähneln denen im Fall der am Ende gescheiterten Annette
Schavan, die nur die vage Hoffnung hat, dass ein Gericht ihr den
aberkannten Doktortitel wiederbeschafft. Lammert darf erwarten, dass
die Bochumer Uni rascher, transparenter und klüger prüft als die
Düsseldorfer Hochschule bei Schavan und dass die öffentliche Debatte
Maß hält. Allein: Dass sich mit Lammert eine der wenigen moralischen
Instanzen der Republik infrage gestellt sieht, ist schlimm genug.
„Sankt Norbert“, wie er in der CDU genannt wird, dürfte die Bürde des
Vorwurfs spüren und in seinem Tun berücksichtigen.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621

Weitere Informationen unter:
http://