Rheinische Post: Kommentar: Europa braucht Führung

Man muss nicht Helmut Schmidt heißen, um so wie
der Weise aus Hamburg-Langenhorn über ein Defizit an
Führungspersönlichkeiten in Europa mit Sinn für die großen Fragen der
Zeit zu grübeln. Der Abstieg von Persönlichkeiten mit historischem
Gardemaß zu solchen mit Trippelschritt-Habitus wird an
französisch-deutschen Paarungen deutlich: de Gaulle/Adenauer –
Giscard/Schmidt – Mitterrand/Kohl – und nun – ach, Europa! –
Sarkozy/Merkel. Die letzte raumfüllende Europa-Rede aus deutschem
Mund wurde von Außenminister a.D. Joschka Fischer in der Berliner
Humboldt-Universität gehalten. So wie ein südamerikanischer Bischof
seinen Hamburger Amtsbruder Werner Thissen fragte, warum sich die
Europäer nicht entschiedener zu ihren christlich-abendländischen
Wurzeln bekennen, so muss man fragen: Wo sind in den EU-Kernländern
Frankreich und Deutschland die glühenden Europäer, die andere,
Jüngere vor allem, mit der großen Idee begeistern wollen und können?
Fischer, der schon die europapolitische Wurschtigkeit seines Kanzlers
Schröder schwer ertrug, mahnte Merkel nicht zu Unrecht, ihr
Rendezvous mit der Geschichte nicht „zu versemmeln“. Fischer fehlt
die historische Ausbildung, aber nicht die Leidenschaft für
Geschichte. Beides vermisst man bei der Physikerin Merkel.

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