Rheinische Post: Kommentar: EZB und Karlsruhe

Die Finanzmärkte rufen in der ihnen eigenen
kriegerischen Sprache seit langem nach der „Bazooka“, der Wunderwaffe
gegen die Euro-Krise. Nun hat Mario Draghi, der Chef der Europäischen
Zentralbank (EZB), ihnen diese Waffe in Aussicht gestellt. Die
Anleger reagierten erleichtert, sie rechnen fest damit, dass die EZB
wieder Anleihen von Krisenstaaten kauft. Die deutschen Vertreter im
EZB-Rat, der zustimmen muss, dürften hingegen wenig begeistert sein.
Aus gutem Grund lehnt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann den Ankauf
von Staatsanleihen ab. Damit werden Staatsschulden über die
Notenpresse finanziert, was die Inflationsgefahr treibt. Doch
jenseits seiner guten ökonomischen Argumente hat Weidmann schlechte
Karten im Euro-Poker. Eurobonds, also gemeinsame Kredite der
Euro-Staaten, lehnt die deutsche Regierung ab (auch aus gutem Grund).
Und der Ausweg – neuer Rettungsfonds ESM gegen Sparauflagen – wird
derzeit vom deutschen Verfassungsgericht blockiert. Erst wenn
Karlsruhe den Weg für den ESM freimacht, kann dieser starten. Erst
dann kann Griechenland Pleite gehen und Spanien als Ganzes
aufgefangen werden. Diese lange Phase der Unsicherheit schürt die
Angst – deshalb sieht sich Draghi nun gefordert. Bitter.

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