Rheinische Post: Kommentar / Für Schuldenschnitte ist es jetzt zu spät = Von Antje Höning

Alexis Tsipras pokert munter weiter. Obwohl
sein Land faktisch seit einer Woche pleite ist, brüskierte er gestern
erneut die Geldgeber. Er reiste ohne Reformen, aber mit der Forderung
nach einem dritten Hilfspaket nach Brüssel. Befördert wird diese
Dreistigkeit durch die Uneinigkeit der Europäer. Während die
Kanzlerin zu Recht auf einer harten Haltung besteht, bringt
Frankreich einen Schuldenschnitt ins Spiel. Grundsätzlich gibt es
dafür gute Gründe. Jeder weiß, dass kein Land (und erst recht nicht
Hellas) so stark wachsen kann, um Schulden in Höhe von 175 Prozent
seiner Jahreswirtschaftsleistung zu tilgen. Ein Schuldenschnitt wäre
schon vor Jahren nötig gewesen. Die Euro-Zone hätte sich, wenn sie
schon ungeeignete Länder aufnimmt, eine Insolvenzordnung für Staaten
geben müssen, dann hätte Athens Pleite längst geordnet ablaufen
können. Hat sie aber nicht. Den Griechen jetzt einen Erlass zu
gewähren, wäre nicht nur politisch-pädagogisch falsch. Es würde nicht
mal helfen. Das Land hat aktuell vor allem ein Liquiditätsproblem, es
kann Renten und Löhne nicht zahlen. Umso dümmer, dass Paris diese
Karte nun spielt. Wenn Europa den Grexit noch verhindern kann, dann
nur, wenn es einig und fest auftritt.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621