Rheinische Post: Kommentar / Gabriels Attacke = Von Martin Kessler

SPD-Chef Sigmar Gabriel ist ein
Vollblutpolitiker. Deshalb ist seine Attacke gegen die
Regierungschefs der Europäischen Union kalkuliert. Die wollen nicht
unbedingt dem Votum der Wähler folgen und den Spitzenkandidaten der
stärksten Fraktion im EU-Parlament automatisch zum Präsidenten der
Europäischen Kommission küren. Dieser Posten ist aber das erklärte
Wahlziel des EU-Spitzenkandidaten der Sozialisten, Martin Schulz. Und
den unterstützt Gabriel. Im EU-Vertragswerk steht, dass die
Regierungschefs den Vertreter der stärksten Fraktion berücksichtigen
sollen, ihn aber nicht wählen müssen. Und darauf ziehen sich Merkel
und Co. gern zurück. Das mag formaljuristisch richtig sein. Der
Demokratie in Europa würden die Regierungschefs aber einen
Bärendienst erweisen, sollten sie im Hinterzimmer den neuen
EU-Kommissionspräsident auskungeln. Ohnehin empfinden viele Bürger
die Wahl zum EU-Parlament als zweitrangig. Wenn ihr Votum keine
Beachtung findet, werden sie sich darin bestätigt finden. Das hat
Gabriel richtig erkannt.

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