Rheinische Post: Kommentar: Keine Strategie für einen Nahost-Frieden // von Matthias Beermann

Es ist eine dieser Entscheidungen, die man schon als
historisch einstufen kann, noch bevor ihre Folgen ganz abzuschätzen sind: Die
Ankündigung der USA, die israelischen Siedlungen im Westjordanland nicht mehr
als illegal im Sinne des Völkerrechts einzustufen, bedeutet einen Bruch mit der
amerikanischen Nahost-Politik der letzten 40 Jahre. Allerdings ist dieser
Schritt, wenn man so will, nur konsequent. Kaum im Amt, hatte Präsident Donald
Trump sich mit der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem
bereits aus dem internationalen Konsens in der Nahostfrage verabschiedet. Kurz
darauf folgte die Anerkennung der israelischen Annexion der 1967 von Syrien
eroberten Golanhöhen. Schon damals lautete die Begründung, das Festhalten an den
bisherigen Positionen habe Israelis und Palästinenser einem Frieden schließlich
keinen Millimeter nähergebracht.

In diesem Punkt kann man den Amerikanern schlecht widersprechen. Die angestrebte
Zweistaaten-Lösung, an die sich die Europäer als Friedensperspektive weiter
klammern, steht in den Sternen. Das liegt vor allem daran, dass beide Seiten in
Wirklichkeit zu schmerzhaften Zugeständnissen nicht bereit sind. Die
Palästinenser pochen auf Maximalforderungen, darunter etwa auch ein
Rückkehrrecht für alle jemals vertriebenen Palästinenser und ihre Nachfahren.
Und Israel treibt die Besiedelung palästinensischen Gebiets voran, was
vermutlich heute schon die territoriale Abtrennung eines eigenständigen
Palästinenserstaats faktisch unmöglich macht. Die Amerikaner bleiben eine
Erklärung dafür schuldig, warum ausgerechnet die Anerkennung der Siedlungen die
Lage verbessern soll. In Wirklichkeit haben aber auch die Europäer keine
Strategie für einen Nahost-Frieden. Deswegen klingen ihre Proteste wohl auch so
hilflos.

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