Wenn man beim Spieltheoretiker Giannis
Varoufakis noch einmal Anleihen für die Bewertung der Lage nehmen
darf, befinden sich die EU-Institutionen und die Regierung in Athen
derzeit im sogenannten Feiglingsspiel. Das kennt man aus einem
James-Dean-Klassiker. Zwei Autos rasen auf einen Abgrund zu, und
derjenige gewinnt, der als Letzter aus dem Auto springt. Ein Spiel
für Halbstarke. Man braucht aber jetzt Erwachsene, würde
IWF-Direktorin Christine Lagarde sagen.
Es ist noch nicht zu spät, um im Bild zu bleiben, dass beide aus
dem Auto springen und sich vom Abgrund wegbewegen. Ein Grexit muss
vermieden werden. Wenn dereinst Bilder von Armut, Massenprotesten,
vielleicht Unruhen von Griechenland aus um die Welt gehen, dann wird
Europa nicht mehr für eine ökonomisch kluge Entscheidung stehen,
sondern als Friedensprojekt infrage gestellt. Paris 1953. Luxemburg
1986. Maastricht 1992. Nizza 2000. Das waren die Wegmarken für die
europäische Integration. Athen 2015 stände erstmals für eine
Rückentwicklung. Das sollten alle verhindern. IWF und EZB könnten
Griechenland noch eine Woche am Leben lassen, die griechischen Banken
bis zum Referendum geschlossen bleiben.
Auch wenn Tsipras unverschämt spät diese Karte zieht – warum soll
das griechische Volk nicht über sein Schicksal entscheiden? Jüngste
Umfragen zeigen, wie pro-europäisch viele Griechen denken. Sie sind
offenbar bereit, für Europa einen harten Sanierungskurs zu ertragen.
Wer eine Volksbefragung zu den Reformplänen der Troika ablehne, lasse
jene Werte degenerieren, die in der Idee Europas verkörpert sind, hat
der verstorbene FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher 2011 geschrieben.
Da erntete Tsipras– Vorgänger Papandreou einen Sturm der Entrüstung
für den Plan eines Referendums.
Tsipras, der auf ein Nein seines Volkes hofft, um eine „bessere
Verhandlungsposition“ zu haben, wäre bei einem pro-europäischen Votum
geschwächt. Er müsste den Reformplan akzeptieren. Seit 2010 ringt
Europa mit der Griechenland-Krise. Eine Woche kann Europa jetzt auch
noch warten.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621