Rheinische Post: Kommentar: Sultan Erdogan

Das muss man Recep Tayyip Erdogan lassen: Der
türkische Staatschef verliert keine Zeit bei der Umsetzung seines
Vorhabens, sich ein Machtinstrumentarium auf den Leib zu schneidern,
das ihm künftig praktisch die Alleinherrschaft sichert. Indem
wesentliche Bestimmungen des Ausnahmezustands in neue
Antiterrorgesetze umgegossen werden, bleibt der Türkei eine Rückkehr
zur demokratischen Normalität verwehrt. Erdogan kann nun weitgehend
am Parlament vorbei regieren, und es steht kaum zu erwarten, dass er
sich genieren wird, die neue Machtfülle wie bisher schon hemmungslos
gegen seine Gegner einzusetzen. Eine Mehrheit der Türken hat Erdogan
gewählt und offenbar nichts daran auszusetzen, dass er ihr Land in
ein Sultanat verwandelt. Für die europäische Politik bedeutet das
einen schwierigen Balanceakt. Natürlich werden wir mit der Türkei
weiter zusammenarbeiten, müssen dabei aber die gebotene Distanz
wahren. Unter Erdogan, so viel scheint sicher, wird sich die Türkei
weiter von demokratischen Standards wegbewegen. Da kann man nicht so
tun, als sei nichts.

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