Rheinische Post: Kommentar: Westerwelle isoliert

Es ist etwas ins Rutschen gekommen. So hat ein
überzeugter Liberaler die Debatte um Parteichef Guido Westerwelle
bezeichnet. In der Tat. Es scheint nicht die Frage zu sein, ob Guido
Westerwelle die FDP noch als Vorsitzender anführen darf, sondern nur,
wer ihn zur Seite räumt. Unterstützung? Fehlanzeige. Von Westerwelles
einstigem Mentor, Hans-Dietrich Genscher, ist nichts zu hören. Es ist
fraglich, ob Westerwelle die Bewegung aufhalten kann (oder will).
Denn was er dazu braucht, ist etwas, was er nicht besitzt: die
Fähigkeit zur Selbstkritik. Eine ehrliche Analyse der Lage. Ein
ehrliches Wort zu den übertriebenen Forderungen der FDP. Ein Wort zur
Hotel-Steuer und zur Hartz-IV-Polemik. „Ja, wir haben verstanden“,
hat Westerwelle neulich gesagt. Aber was? Und was will er ändern?
Seit 1994, als Westerwelle Generalsekretär wurde, ist dieser
begnadete Redner und Vollblutpolitiker in den deutschen Wohnzimmern
präsent. Beliebt wurde er indes nie. Auch weil er stets Kampagnen und
Verschwörungen witterte, statt Gelassenheit zu zeigen. Westerwelles
Lebensleistung, das Führen der als Kohl-Anhängsel gedemütigten FDP in
die Selbstständigkeit und in die Regierung, bleibt. Jetzt muss er
noch eines leisten: den personellen Wechsel.

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