Rheinische Post: Kurzen Prozess, bitte

Zugegeben, es wirkt gewagt, ein
Gerichtsverfahren mit einem TV-Interview zu vergleichen. Aber ein
wenig fühlt man sich bei dem, was das Gericht im Prozess gegen
Ex-Bundespräsident Christian Wulff gestern vorschlug (Einstellung des
Verfahrens) an Sigmar Gabriels Rat an die Journalistin Marietta
Slomka neulich im ZDF erinnert: „Lassen Sie uns den Quatsch beenden.“
Seit Prozessbeginn zeichnete sich ab: Die Staatsanwaltschaft hatte
ihre Anklage auf Treibsand gebaut; Zeugenbefragungen trugen Züge
einer Prominentengala, andererseits waren sie oftmals intellektuelle
Zumutungen für alle Prozessbeteiligten. Verstand und Prozessökonomie
gebieten, dieses Hauptverfahren abzukürzen. Von Beginn an stand der
Anklagevorwurf auf dünnen Beinen, was nicht daran lag, dass es „nur“
um gut 730 Euro ging. Korruption ist keine Frage der Höhe des
Gunstbeweises. Der individuelle Schuldnachweis jedoch konnte zu
keinem Zeitpunkt überzeugend geführt werden. Das Gericht muss sich
vorwerfen lassen, die Anklage überhaupt zugelassen zu haben.

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