Rheinische Post: Loveparade: Späte Einsicht

Ein Kommentar von Jürgen Stock:

Sechs Monate und einen Tag nach der Loveparade-Katastrophe hat die
Duisburger Staatsanwaltschaft doch noch zugeschlagen: Polizisten und
Staatsanwälte durchsuchten das Rathaus, Tochterfirmen der Stadt und
Privatwohnungen. Reichlich spät – bereits wenige Tage nach der
Katastrophe war gefordert worden, die Staatsanwaltschaft möge einen
Durchsuchungsbeschluss fürs Duisburger Rathaus erwirken. Doch die
Strafverfolger sahen dazu keinen Anlass. Die Stadt kooperiere
schließlich, hieß es. Tatsächlich sind die rechtlichen Hürden für
einen Durchsuchungsbeschluss hoch. Soll eine Durchsuchung
stattfinden, muss ein Beschuldigter benannt werden. Das aber ist erst
möglich, seit die Kölner Polizei 16 Verdächtige ermittelt hat.
Allerdings wäre eine Durchsuchung auch bei unverdächtigen Personen
möglich, wenn „die gesuchte Sache“ (so §103 Strafprozessordnung) sich
in dem zu durchsuchenden Raum befinden könnte. Doch die
Staatsanwaltschaft sah dazu keinen Anlass, weil sie annahm, dass ihr
alle Unterlagen freiwillig herausgegeben würden. Eine
Fehleinschätzung, die den nun Beschuldigten die Möglichkeit
eröffnete, Beweismaterial zu vernichten. Ob dies tatsächlich geschah,
ist derzeit unbekannt. Doch allein der Gedanke, dass es möglich war,
hinterlässt einen schalen Beigeschmack.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303