Rheinische Post: Merkel braucht Mursi = Von Michael Bröcker

Nirgendwo sonst werden die Zwänge zwischen
Interessen- und wertegeleiteter Politik so spürbar wie in der
Außenpolitik. Der Besuch des ägyptischen Präsidenten Mursi in Berlin
ist das beste Beispiel. So kritisch das bisherige Verhalten von
Mursis Regime bewertet werden muss. Es ist richtig, dass Kanzlerin
Merkel den gewählten Präsidenten Ägyptens empfängt. Mursi vertritt
das im Nahen Osten mit 84 Millionen Einwohnern einflussreichste
arabische Land. Ägyptens Rolle im Friedensprozess ist unverzichtbar.
Für die Bundeskanzlerin ist es eine Verpflichtung, Mursi zu einer
Mittlerrolle zwischen Palästinensern und Israelis zu ermuntern. Die
Hoffnung der Realpolitiker ist, dass der frühere Vorsitzende der
Muslimbruderschaft als Staatschef Gefallen an einer aktiven Rolle in
der internationalen Politik findet und seine religiöse Herkunft eine
kleinere Rolle spielt. Dass Mursi trotz der Unruhen nach Berlin und
Paris reist, könnte ein Zeichen dafür sein. Ägypten kann immer noch
ein Vorbild für den Umbruch in der arabischen Welt werden. Es dauert
vielleicht nur viel länger als erhofft.

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