Rheinische Post: Merkels Monat der Wahrheit

Ein Kommentar von Michael Bröcker:

Unter Druck und in der Krise ist Angela Merkel am besten. Das
sagen zumindest ihre Anhänger gerne. Wenn das stimmt, können die
Deutschen in den kommenden Wochen eine aufblühende Regierungschefin
erwarten. Mehr Druck und mehr Krise geht nicht. Die Kanzlerin hat es
bis heute nicht vermocht, ihren seit eineinhalb Jahren währenden
Euro-Rettungsmaßnahmen einen intellektuellen Überbau, gar eine
Erklärung zu geben. Die in der großen Koalition als Krisenmanagerin
gelobte CDU-Kanzlerin wirkt seltsam desorientiert und hat sich erst
jüngst entschlossen, mehr Leidenschaft für das Thema zu entwickeln.
Ob das reicht, ist fraglich. In der Union gibt es zahlreiche
Enttäuschte und Übergangene, die auf eine Schwäche Merkels lauern.
Sollte sie Ende September bei der Abstimmung im Bundestag über den
Euro-Rettungsschirm keine eigene Mehrheit zustande bekommen, ist ihre
Kanzlerschaft beendet. Die FDP könnte ihr Heil in einer
Oppositionskur suchen und das Bündnis verlassen. Die SPD würde sich
kaum als Rettungsanker anbieten. Bei Neuwahlen müsste eine in der
Euro-Krise aus Sicht der Deutschen lavierende Kanzlerin sich dem
wortgewaltigen SPD-Mann Peer Steinbrück stellen, der dann sicherer
Kanzlerkandidat würde. Eine Wechselstimmung könnte durch das Land
gehen.

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