Rheinische Post: Mladic vor Gericht Kommentar Von Godehard Uhlemann

Nun steht Ratko Mladic in Den Haag endlich vor
dem Kriegsverbrechertribunal. Das ist für die Opfer und deren
Hinterbliebene ein Grund zu tiefer Genugtuung. Es wird viele von
ihnen freuen, dass der mutmaßliche Kriegsverbrecher gefasst werden
konnte. Der Prozess wird kein Leid ungeschehen machen können. Er wird
aber das Signal in die Welt senden, dass Menschen doch zur
Rechenschaft gezogen werden für ihre Taten, auch wenn diese lange
zurückliegen. Es geht nicht um Verdrängen und Vergessen, es geht um
Verantwortung und Strafe. Der Bosnien-Krieg Anfang der 90er Jahre hat
Tausenden den Tod gebracht. Befehlshaber jener Truppe, die
Kriegsgräuel und das Massaker an der männlichen Bevölkerung von
Srebrenica zu verantworten hat, war Ratko Mladic. Dem Befehlshaber
der bosnisch-serbischen Armee muss das Tribunal nun die Schuld
nachweisen. Das wird ein langwieriger Prozess, der Wunden aufreißt.
Wenn Serbien Ruhe finden will, wenn sich das Land ernsthaft um
Aufnahme in die Europäische Union bemüht, muss es sich seiner
Vergangenheit stellen. Es wird ohne Aufarbeitung der blutigen
Geschichte der Balkan-Kriege kein Neuanfang möglich sein, schon gar
nicht mit dem Mladic-Satz: „Ich habe nur mein Land verteidigt“.

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