Ein Kommentar von Matthias Beermann:
Es sind unerhörte Bilder aus Kairo, noch vor wenigen Tagen wären
sie kaum vorstellbar gewesen. Eine breite Protestbewegung fordert ein
Regime heraus, das die Ägypter seit 30 Jahren geknebelt hat. Wenn
überhaupt, dann wurde Widerstand gegen Mubaraks Knute nur von den
Muslimbrüdern erwartet, der einzigen politischen Bewegung, die der
selbstherrlich regierende Staatschef nicht vollständig ersticken
konnte. Aber es sind keine religiösen Fanatiker, die da ihrer Wut
Luft machen. Es sind, wie zuvor schon in Tunesien, vor allem ganz
normale Menschen mit ganz normalen Forderungen. Sie wollen Reformen
für ein Land, in dem Not, Unfreiheit und schreiende Ungerechtigkeit
herrschen. Diese Menschen zeigen keine Angst mehr vor Mubaraks
Schergen. Ägypten, das wichtigste arabische Land, steht am
Scheideweg. Entweder setzt Mubarak auf die „iranische Lösung“, also
gnadenlose Verfolgung der Opposition, und schreckt dabei auch vor
einem Blutbad nicht zurück, um sich an der Macht zu halten. Dann
würde ihn wohl spätestens die nächste Protestwelle hinwegfegen. Oder
aber Mubarak willigt endlich ein in Reformen. Dabei ist klar, dass er
selbst diese Wende nicht mehr glaubhaft verkörpern kann. Der Westen,
für den Mubarak jahrelang ein nützlicher Verbündeter war, muss ihm
jetzt klarmachen, dass es Zeit ist für einen geordneten Rückzug.
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