Rheinische Post: Nüchterner Obama

Nein, es geht nicht mehr um den großen Wurf,
die großen Entwürfe. Kein Wort über kühne Klimagesetze, die
überfällige Einwanderungsreform, die Schließung des Lagers
Guantánamo. Vor zwölf Monaten hatte Barack Obama noch in grandiosen
Sätzen einen zweiten Sputnik-Moment beschworen, einen Ruck, der durch
Amerika gehen müsse wie einst im Wettlauf gegen die Sowjetunion.
Diesmal begnügte er sich damit, kleinere Brötchen zu backen. Die Rede
zur Lage der Nation, stellenweise klang sie wie der Vortrag eines
nüchternen Wirtschaftsmanagers, der hier und da an den Stellschrauben
dreht, damit sich das Betriebsergebnis verbessert. Es ist ein
Vorgeschmack darauf, wie der Präsident in den herbstlichen Wahlkampf
zu ziehen gedenkt: als Mann der Mitte, der nicht mehr versucht, sein
Land umzukrempeln, so wie es Roosevelt oder Reagan taten, der eine
nach links, der andere nach rechts. Nein, in die Geschichtsbücher
wird diese Rede gewiss nicht eingehen. Doch in der Rolle des leiseren
Managers lassen sich durchaus Wahlen gewinnen, vorausgesetzt, die
Wirtschaft rutscht nicht in die nächste Rezession. Bill Clinton hat
es vorgemacht. Obama, der ernüchterte Höhenflieger, wandelt nunmehr
sehr konsequent auf seinen Spuren.

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