Barack Obama ist ein historisches Kunststück 
gelungen, etwas, was seit Franklin Roosevelt noch kein anderer 
amerikanischer Präsident fertigbrachte. Seit der Großen Depression 
der dreißiger Jahre ist noch nie ein Amtsinhaber wiedergewählt 
worden, wenn die Arbeitslosigkeit die Marke von 7,2 Prozent 
überstieg. In diesem November liegt sie noch immer deutlich darüber, 
dennoch bleibt Obama für weitere vier Jahre im Oval Office. 
Eigentlich ist es ein kleines Wunder. Kein Zweifel, eine Mehrheit der
Wähler hat mit dem Gedanken gespielt, angesichts eines quälend 
langsamen Aufschwungs und schwindelerregender Defizite den 
Spitzenmann auszuwechseln. Am Ende überwog die Abneigung gegen Mitt 
Romney, gegen einen Republikaner, dem seine weit nach rechts 
gedriftete Partei wie ein Klotz am Bein hing, obwohl er selber 
durchaus ein Praktiker der Mitte sein kann. Und vor allem: Barack 
Obamas straff organisierter Wahlkampfapparat hat es verstanden, jene 
Koalition zusammenzuhalten, die den Hoffnungsträger des Jahres 2008 
überhaupt erst zum Sieg führte. Afroamerikaner und Latinos, Frauen 
und Junge, sie alle haben ihn wiedergewählt – teils mit erdrückender,
teils mit komfortabler Mehrheit. Dass Mitt Romney bei Männern mit 
weißer Haut klar besser abschnitt, glich Obamas demografisches Plus 
am Ende nicht mehr aus. In wichtigen Swing-States wie Virginia, 
Colorado und Nevada waren es die Hispanics, die dem Demokraten 
schließlich zum Sieg verhalfen. Im hart umkämpften Florida hielten 
sie das Rennen zumindest offen. In einem Satz: Die Einwanderer 
lateinamerikanischer Herkunft haben das Votum letztlich zu Gunsten 
des Amtsinhabers entschieden. Denn Romney, der illegalen Immigranten 
in kalter Bürokratensprache die „Selbst-Deportation“ empfahl, stieß 
sie kollektiv vor den Kopf. Ausgerechnet jene Wählergruppe, die 
schneller wächst als jede andere in den Vereinigten Staaten. Wer 
Beispiele für politische Desasterstrategien finden will, braucht 
nicht weiter zu suchen, dies ist ein klassisches Exempel. Nur: Barack
Obamas Sieg war kein glanzvoller, und Amerika ist genauso gespalten 
wie vor dem 6. November. Schon die politische Geografie – das 
Abgeordnetenhaus bleibt in der Hand der Konservativen – diktiert 
Kompromisse. Gelingen sie nicht, stürzt die Wirtschaft über die 
drohende Fiskalklippe in den Abgrund einer neuen Rezession. Der 
Brückenbauer Obama, er war noch nie so gefragt wie in der Stunde 
seines zweiten großen Triumphs.
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