Rheinische Post: Obamas Chance

Ein Kommentar von Mattihas Beermann:

Barack Obama am Ground Zero, dort, wo bis heute sichtbar Amerikas
Terror-Wunde klafft, das musste noch einmal ein sehr emotionaler
Augenblick werden. Der Ort, an dem die Anschläge des 11. September
2001 Tausende Unschuldige in den Tod rissen, ist bis heute ein
Mahnmal – für das Leiden der Opfer und die schreckliche Demütigung
der Nation. Obama musste nach dem Tod von Osama bin Laden hierher
kommen, und er hat es sicher auch aus politischem Kalkül getan. Aber
nun steht er vor einer großen Aufgabe: Er muss das Land herausführen
aus seinem Terror-Trauma. Der Tod des Al-Qaida-Chefs gibt ihm die
Chance dazu – endlich. Obama scheint das verstanden zu haben. Sein
Besuch in New York fiel nicht triumphal aus. Und auch die Angehörigen
der Opfer deuten in die richtige Richtung: Amerika muss nach einem
Jahrzehnt in gewisser Weise abschließen mit dem Denken in Kategorien
von Wut und Vergeltung. Gleichzeitig besteht die terroristische
Bedrohung weiter, und auch nach dem Tod bin Ladens werden noch
amerikanische Soldaten in Afghanistan fallen. Es wird ein Spagat. Der
Tod des Al-Qaida-Chefs bedeutet nicht das Ende aller Probleme. Aber
für Amerika kann er den Beginn einer Normalisierung einläuten.

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