Rheinische Post: Obamas Spagat

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Barack Obama ist kein Präsident, der die Welt in einfachen Bildern
beschreibt. Die simplen Zuspitzungen eines George W. Bush sind nicht
seine Sache, ein rabiates „Entweder mit uns oder gegen uns“ wird man
von ihm nicht hören. Auch im Falle Libyens hat er keine einfachen
Konzepte zu bieten, einfach deshalb, weil es einfache Konzepte nicht
gibt. Vielleicht ist es zu früh, nach Obamas Libyen-Rede gleich von
einer Obama-Doktrin zu sprechen. Worauf es hinausläuft, lässt sich in
groben Zügen erkennen. Der Pragmatiker im Oval Office steht für den
Mittelweg. Humanitäre Interventionen? Ja, aber nicht auf eigene
Faust. Obama probiert einen Spagat. Er greift ein, aber nicht in der
Rolle des Weltpolizisten. Den Sheriffstern mögen sich andere an die
Brust heften. Ihm reicht die Rolle des organisierenden Assistenten.
Sicher, ob der Plan aufgeht, steht in den Sternen. Es gibt
Ungereimtheiten. De facto greift die Koalition schon jetzt an der
Seite der Rebellen in einen Bürgerkrieg ein. Und was, wenn sich
Gaddafi noch Monate hält? Wird die Operation dann wirklich für
beendet erklärt? Was, wenn Briten und Franzosen ans Limit stoßen und
Washington doch wieder in der Pflicht steht? Es sind Fragen, die
Obama irgendwann klarer beantworten muss.

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