Rheinische Post: Occupy: Räumen und zuhören Kommentar Von Sven Gösmann

Behörden und Polizei haben mit der Räumung des
verlotterten Düsseldorfer Occupy-Camps das Ende der Protestbewegung
in Deutschland eingeläutet. Im Schatten der Frankfurter Banken harren
noch einige Aktivisten aus, aber auch hier dürfte das Ende des
Zeltlagers bevorstehen. Die Räumung des Düsseldorfer Camps,
inzwischen ein Schandfleck im öffentlichen Raum, war richtig. Das
Interesse der Öffentlichkeit am Protestzelten gegen die Auswüchse des
Kapitalismus war ohnehin erloschen. Friedliche Protestbewegungen wie
Occupy entfalten ihre Wirkung nur im Scheinwerferlicht und zerbröseln
schnell, weil sie rasch Berufsdemonstranten zweifelhafter Provenienz
anziehen. Hat Occupy auf ganzer Linie verloren? Nein, auch wenn
Ex-DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck die Proteste einst „albern“
nannte. Die Aktivisten haben anfangs mit großem Einsatz ausgedrückt,
was viele Bürger empfinden: Die Exzesse in der Finanzwelt sind nicht
mehr nachvollzieh- oder entschuldbar. Mögen die Occupy-Zelte zuletzt
auch eine schmuddelige Romantik ausgestrahlt haben, bleibt
festzuhalten: Junge Menschen demonstrierten für eine bessere Welt.
Das mag naiv sein, ist aber auch sympathisch. Sie haben sich nicht
abgewendet, sind nicht in die Disco oder auf den Golfplatz geflohen.
Die Zelte sind weg. Das aber bleibt von Occupy.

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