Rheinische Post: Punkte gegen Rücksichtslose

von Reinhold Michels

Man muss hier nicht die oft erzählte Geschichte von dem
entgeisterten Ausländer überstrapazieren, der angesichts deutscher
Autobahn-Raserei seinen soeben in Gang gesetzten Mietwagen nach
wenigen Kilometern Fahrt auf dem Randstreifen stoppt. Man stelle sich
einmal auf eine x-beliebige Autobahn-Brücke zwischen Flensburg und
München, Aachen und Görlitz und frage sich, ob das vielzitierte
„Freie Fahrt für freie Bürger“ nicht auch Züge kollektiven Irreseins
hervorgebracht hat. Dieses vorausgeschickt wird man die Pläne des
Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer zur Verschärfung der
Sanktionen nicht nur gegen Trunkenbolde hinterm Steuer, sondern auch
gegen automobile Raufbolde begrüßen. Ist nicht beispielsweise das
penetrant dichte Auffahren, das mit einem proletenhaften
Platz-da-jetzt-komme-ich! auftrumpft und Droh- und Nötigungscharakter
besitzt, die Zwillingsschwester der andernorts auch zu beklagenden
Aggressionen im Alltag? Der Wutbürger ist eben nicht stets und
überall ein engagierter Musterdemokrat, der sich ums Gemeinwohl sorgt
(und sein Eigenwohl durchaus im Blick behält), vielmehr allzu häufig
ein ganz gewöhnlicher Keiler der Straße. Man wird ihm mit schärferen
Sanktionen die Zähne ziehen müssen. Keine freie Fahrt für
Wildgewordene.

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