Rheinische Post: Ratlosigkeit an der Bahnsteigkante

Ein Kommentar von Klaus Peter Kühn:

Bahnkunden haben es wahrlich nicht leicht. Wenn sich die
Verspätungen durch Herbstlaub auf den Schienen in Grenzen halten und
weder Hitze noch Kälte Züge lahmlegen, dann stellen die
Gewerkschaften die Signale auf Halt. Tarifauseinandersetzungen gehen
immer zulasten der Kunden. Aber Bahn-Pendler treffen Streiks
besonders hart, ihre Ausweichmöglichkeiten sind sehr begrenzt.
Stiegen alle aufs Auto um, käme wohl kaum jemand auch nur halbwegs
pünktlich zur Arbeit. Warum Hunderttausende Pendler vergeblich auf
ihren Zug warten, wird den wenigsten klar sein. Dass für die gleiche
Arbeit im regionalen Schienenverkehr von vielen Privatbahnen nicht
der gleiche Lohn wie bei der Deutschen Bahn gezahlt wird, ist bislang
nur Eingeweihten bekannt. Dass auch die Deutsche Bahn bestreikt wird,
wirkt unverständlich, ist aber erklärlich: Sie hat vorsorglich
Billigtöchter gegründet, um im Bedarfsfall durch niedrigere Löhne
Wettbewerb um Aufträge gewinnen zu können. Die beiden großen
Bahn-Gewerkschaften kämpfen um die Angleichung der Gehälter. Sachlich
sind die Unterschiede nicht begründbar, von jetzt auf gleich lassen
sie sich aber wohl kaum einebnen. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde
am Freitag sollten beide Seiten noch einmal prüfen, wie sie –
kundenschonend – aufeinander zugehen können.

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