Bei Protesten gegen das anti-islamische
Schmähvideo sterben weltweit weiter Menschen – allesamt Muslime.
Allein das sollte allen Beteiligten den Irrwitz ihres Handelns vor
Augen führen. Aber es geht ja bei den Unruhen in Wirklichkeit auch
gar nicht um religiöse Gefühle. Gewiss, das unappetitliche Video hat
viele Muslime empört, und das kann man durchaus verstehen. Aber
hinter der Gewalt, die derzeit zahlreiche Länder der islamischen Welt
erschüttert, steckt vor allem politisches Kalkül. In den Ländern des
Arabischen Frühlings wollen ultrakonservative Islamisten den neuen
Regierungen ihre Macht demonstrieren. In Pakistan stecken die Taliban
hinter den Protesten, und im Iran, wo das Verbrennen des
Sternenbanners ohnehin zur politischen Folklore gehört, wurde der
Volkszorn gleich staatlich organisiert. Es geht dabei nicht um einen
„Kampf der Kulturen“, es geht um Machtkämpfe. Damit soll nicht die
kulturelle Kluft geleugnet werden, die sich auftut zwischen dem
westlichen Grundrecht auf Meinungsfreiheit und dem Selbstbild des
Islam, das keinen Platz lässt für Kritik am Propheten und den
heiligen Texten. Einen Kompromiss kann es da nicht geben, er käme für
beide Seiten einer intellektuellen Selbstverleugnung gleich. Man muss
sich diesem Konflikt stellen. Allerdings auf zivilisierte Weise, und
das heißt: ohne Gewalt.
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