Das Urteil hatte Ministerpräsident Wladimir
Putin schon elf Tage vorher gesprochen: Der Kreml-Kritiker Michail
Chodorkowski sei ein Dieb und gehöre weiter hinter Gitter. So
überraschte die gestrige Entscheidung des Moskauer Gerichts nicht –
und entsprechend einhellig fiel die Empörung darüber auch in
Deutschland aus. Dabei bedurfte es nicht erst dieses Urteils, um zu
erkennen, dass Russland noch einen sehr weiten Weg zu einer
lupenreinen Demokratie zurückzulegen hat. Erschreckender ist, wie
unverfroren offen die Richter zu einer politischen statt juristischen
Entscheidung gezwungen worden sind, und wie wenig sich die
Kreml-Führung um das breite internationale Negativ-Echo schert.
Manche Beobachter vermuten hinter dem Prozess einen Machtkampf, den
Putin erneut gegen den amtierenden Präsidenten Dmitri Medwedew
gewonnen habe, der für mehr Demokratie eintrete. Letzteres könnte
bloße Hoffnung sein. Denn eher handelt es sich um die übliche
Rollenverteilung im langjährigen Kreml-Führungsduo, dessen Ziel die
erneute erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur des „neuen Zaren“
Putin 2012 ist. Indizien dafür gibt es genug. Ein möglicher
gefährlicher Gegner ist jedenfalls gestern rücksichtslos aus dem Weg
geräumt worden.
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