Rheinische Post: Schengen erhalten

Vor gut einem halben Jahrhundert waren
niedergerissene Schlagbäume an den Grenzen der Länder noch mit kühnen
Träumen verbunden. Inzwischen gehört die freie Fahrt für 400
Millionen Europäer zu gelebtem und erlebtem europäischen Alltag. Der
Vertrag von Schengen über den Wegfall der europäischen Binnengrenzen
ist deshalb mehr als ein unscheinbarer Rohdiamant. Er leuchtet
längst. Deshalb ist Vorsicht geboten, wenn Innenminister Hans-Peter
Friedrich nun einen „Feinschliff“ am Schengen-Abkommen für nötig
hält. Natürlich kann die Europäische Union nicht alle Nordafrikaner
aufnehmen. Und selbstverständlich brauchen die Erstaufnahmeländer in
besonderen Situationen eine besondere Solidarität der europäischen
Partner. Es spricht auch nichts dagegen, die Bedingungen etwas klarer
zu definieren, unter denen ausnahmsweise und vorübergehend Kontrollen
an den Binnengrenzen möglich sein können, wie etwa bei gefährdeten
Weltmeisterschaften oder Mega-Konferenzen. Aber wir müssen strikt
darauf achten, dass Europa mit dem Erlebnis von Freiheit verbunden
bleibt – und nicht beliebig missbrauchbare Gummiparagrafen den Geist
von Schengen durch die Hintertür verscheuchen.

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