Rheinische Post: Schulmeister Gül von Reinhold Michels

Das zuletzt sicht- und hörbar selbstbewusste
Auftreten der türkischen Führung entspricht der rasch zunehmenden
politisch-ökonomischen Potenz dieses Brückenlandes zwischen Abend-
und Morgenland. Ankaras Ministerpräsident Erdogan lässt im
Nahost-Dauerstreit und bei den zur Demokratie strebenden
Umbruchstaaten Nordafrikas mal die Muskeln, mal seinen Charme
spielen. Ein diplomatisch robuster Führungsanspruch ist das. Ankaras
Staatspräsident Gül, der in Deutschland weilt, kommt ebenfalls mit
breitem Kreuz, ja sogar als Schulmeister seiner Gastgeber bei
Integration und Menschenrechten. Letzteres wirkt befremdlich
gegenüber einem Land, das wie keines sonst türkischstämmigen Menschen
eine neue Heimat gegeben hat und die Hand zur Eingliederung
ausstreckt. Die meisten, leider nicht alle türkischen Einwanderer,
ergreifen die Hand. Deshalb ist es nicht rechtswidrig, wie Gül
behauptet, vielmehr geboten, von Zuwanderungswilligen passable
Deutschkenntnisse zu verlangen, ihnen auch entsprechende Tests
zuzumuten. Wenn Gül die hier lebenden Türken auffordert, besser
Deutsch zu lernen, hat er ja vollkommen Recht. Sprachkenntnisse
jedoch müssen schon vor der Einreise vorhanden sein.

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