Rheinische Post: Sorgen in Südwest

Ein Kommentar von Reinhold Michels:

Der grüne Wahlsieger Winfried Kretschmann atmete Sonntagabend auf
und sagte, es sei schon ein gutes Gefühl, wenn man mit dem Bohrer
durchs dicke, harte Brett durch sei. Man möchte im Interesse
Baden-Württembergs hinzufügen: Hoffentlich macht er als
Ministerpräsident weiter nichts kaputt. Denn im Land der
Elite-Firmen, Elite-Unis und De-facto-Vollbeschäftigung kann viel
zerstört werden durch Regierungs-Laien, die wie Kretschmann erklären,
sie seien schließlich mal Mitte der 80er Referent bei Hessens
Umweltminister Joschka Fischer gewesen. Diese spezielle
„Regierungs“-Erfahrung lässt eher nichts Gutes befürchten.
Andererseits gilt: Dem Neuen eine faire Chance, zumal das abgewählte
Alte, die Südwest-CDU, durch Flügelkämpfe längere Zeit gelähmt sein
könnte. Die Geschichte von der Regeneration in der Opposition war und
ist ohnehin mehr Dichtung als Wahrheit. Bundesarbeitsministerin
Ursula von der Leyen nennt Baden-Württemberg „ihr liebstes Land“,
weil es ihr am wenigsten Sorgen mache. Das Land ist Tüftlerbüro,
Werkbank und Denkerstube. Es hat eine Stützpfeiler-Funktion in
Deutschland. Hoffentlich lassen die verständlicherweise
Freudetrunkenen bei „Grün-Rot“ das nicht außer Acht.

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