Rheinische Post: Sparkommissar

Ein Kommentar von Antje Höhning

Griechenland ist nicht reif für Europa. Das bewiesen gestern
einmal mehr seine Spitzenpolitiker: Während die Welt um die Rettung
des Landes ringt, verschob die griechische Regierung mal eben ihren
Spargipfel. Im Wissen darum, dass die Euro-Länder sie nicht
fallenlassen, glauben die Griechen, weiter die Bedingungen diktieren
zu können. Stutzen des öffentlichen Sektors auf ein post-feudales
Maß? Streichung des Mindestlohns? Wo käme man da hin? Selbst die
Verhandlungen mit den Banken, die immerhin auf 70 Prozent ihrer
Forderungen verzichten sollen, ziehen sich seit Wochen, weil die
griechische Regierung um Zinsvorteile feilscht. Aus Zorn über diese
Chuzpe war in Berlin die Idee entstanden, Athen einem Sparkommissar
zu unterwerfen. Auf dem EU-Gipfel vor einer Woche war Merkel damit
noch abgeblitzt, zu teutonisch kam der Plan daher. Gestern nun
präsentierte Merkel gemeinsam mit Sarkozy den Sparkommissar in neuem
Gewand: Sie drohte Griechenland mit der Einrichtung eines von Europa
überwachten Sonderkontos, über das alle Staatsgelder fließen. Diese
Sprache versteht Athen – und versprach prompt, 15 000 Stellen im
öffentlichen Dienst abzubauen. Für den Beweis, sparen zu können, ist
das viel zu wenig.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Weitere Informationen unter:
http://