Rheinische Post: Straßburg irrt

Das Bundesverfassungsgericht und nicht etwa der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist die einzig
berufene Instanz, ein Gesetz als grundgesetzwidrig zu verwerfen.
Anders als das sich gerne aufplusternde Straßburger Gericht hat
Karlsruhe die nicht im Strafurteil, sondern erst nachträglich
angeordnete Sicherungsverwahrung im Grundsatz bis heute nicht
beanstandet. Da sich Europarat-Mitglied Deutschland verpflichtet, der
zuletzt oft fragwürdigen Straßburger Rechtsprechung zu gehorchen, hat
es das sinnvolle Instrument nachträglicher Sicherungsverwahrung ab 1.
Januar dieses Jahres aus der Hand gegeben. Das geschah
erfreulicherweise nicht ohne gleichzeitige Errichtung eines neuen
Schutzwalls („Therapie- und Unterbringungsgesetz“) gegen einsitzende
Triebtäter, die sonst mit dem erstrittenen EGMR-Testat freikämen. Die
jüngsten Straßburger Urteile erwecken erneut den Verdacht, dass der
EGMR zwischen Freiheitsrechten Einzelner und Schutzbedürfnis vieler
nicht die Balance wahrt und im Zweifel für die Freilassung auch von
Triebverbrechern plädiert. Man muss hoffen, dass das
Bundesverfassungsgericht die nächste Gelegenheit wahrnimmt, Maßstäbe
zurechtrückt, dem EGMR Rechtsnachhilfe gibt.

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