Ein Kommentar von Reinhold Michels:
Nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, wie Hermann Hesse
meinte. In seiner Südwest-Heimat wird der Dichter politisch
widerlegt. Der designierte Ministerpräsident Kretschmann, der erste
Grüne in diesem Amt und ein honoriger Mann, trägt seit Wochen den
Lorbeer des großen Wahlsiegers. Aber Kretschmanns grün-rotes Bündnis
ist schon vor seinem Start Mitte Mai befallen vom Keim des womöglich
untauglichen Versuchs. Zweifellos wäre auch ein schwarz-grünes
Koalitions-Experiment, das Kretschmann jahrelang für erstrebenswert
gehalten hatte, nur mit Ächzen über die Hürde namens Stuttgart 21
gekommen. Dass sich jedoch Grüne und SPD sehr schnell auf eine
Erhöhung der Grunderwerbsteuer einigen und zugleich das
Wirtschaftswachstums-Projekt Stuttgart 21 mit schädlichen Tändeleien
gefährden, nährt Befürchtungen, hier solle am Ende doch die
Belastbarkeit eines ökonomisch sehr starken Landes getestet werden.
Winfried Kretschmann hat das Zeug zu einem Landesvater, in Erinnerung
an den ersten Bundespräsidenten: zu einem „Papa Heuss“ auf
Landesebene. Aber die Art, wie er versucht, die Landesverfassung
grün-roten Volksentscheid-Wünschen anzupassen, schadet seinem
Ansehen.
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