Die USA-Reise der Bundeskanzlerin geriet zu
einer Frischzellenkur für das etwas angestaubte transatlantische
Bündnis. Fast überschwänglich, mit großem Talent für Gesten, rollte
der amerikanische Präsident der deutschen Regierungschefin den roten
Teppich aus. Doch sollte man sich von den Lobhudeleien nicht blenden
lassen. Obamas Wohlfühl-Empfang ist vor allem auf zwei handfeste
innenpolitische Interessen des Amerikaners zurückzuführen. Eineinhalb
Jahre vor seiner möglichen Wiederwahl ist Obama auf ein
entschlossenes, zielführendes Handeln Merkels in der Euro-Krise
angewiesen. Der Zusammenbruch des Euro und eine Krise der wichtigsten
Handelspartner Amerikas würde die Rezessionsgefahr im überschuldeten
Amerika aufleben lassen. Obama könnte sich eine zweite Amtszeit
abschminken. Hinzu kommt: Die Vereinigten Staaten wollen nicht mehr
alleinige Feuerwehr in den internationalen Krisenherden sein, schon
aus finanziellen Gründen. Ab und zu wenigstens soll künftig
Deutschland einen Löschzug anführen. Auch mit schwerem Gerät. Den
Libyen-Streit hat Obama mit einer zweifelhaften Arbeitsteilung
entschärft. Die USA bomben Gaddafi weg, Deutschland richtet das Land
zivil wieder auf. Die Frage ist bloß: Welcher Einsatz ist langfristig
beschwerlicher und teurer?
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