Das Mittelmeer, das wir Europäer so gerne durch
die Sonnenbrille des Urlaubers sehen, droht zum Massengrab zu werden.
Wieder sind möglicherweise Hunderte afrikanische Flüchtlinge bei dem
Versuch ertrunken, die italienische Insel Lampedusa zu erreichen. Sie
kamen aus dem Bürgerkriegsland Libyen, wurden nach ernstzunehmenden
Berichten offenbar von Gaddafis Truppen ganz gezielt in die Boote
getrieben. Das Kalkül dahinter ist zynisch: Der Diktator spielt mit
der europäischen Angst vor unkontrollierbaren Flüchtlingsströmen. Das
bisherige System, beim dem wir Europäer Despoten wie Gaddafi dafür
belohnt haben, dass er uns die armen Schlucker vom Hals hielt, ist
mit den Revolutionen in der arabischen Welt hinfällig geworden. Die
Flüchtlinge werden also künftig zahlreicher an Europas Küsten landen.
Und deswegen ist es höchste Zeit, dass die EU sich Gedanken macht,
wie sie mit der neuen Lage umgehen will. Bisher wurde nur gezankt.
Aber im Mittelmeer zeichnet sich eine humanitäre Katastrophe ab, auf
die wir nicht allein mit Polizeimaßnahmen und gegenseitigen
Schuldzuweisungen reagieren können. Die Last der neuen
Flüchtlingswelle müssen alle Europäer gemeinsam tragen – das gilt
auch für Deutschland.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2303